Interview: ‚cum natura‘ macht Gärten „enkelfähig“

Interview von Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Nordrhein-Westfalen e.V.

Nachhaltige und naturnahe Gartenkonzepte werden immer stärker nachgefragt

In ihren Gärten hat die Natur Vorrang: Die Landschaftsgärtner Philip Stubenrauch und Tobias Kelm von ‚cum natura‘ in Hennef, entwickeln und realisieren nachhaltige Gartenkonzepte. Im Interview sprechen sie über Design, Bepflanzung und Bewässerung naturnah gestalteter Gärten.

Der Name Ihres Unternehmens ‚cum natura‘ lautet übersetzt „mit der Natur“. Was bedeutet das für die Gartengestaltung?

Philip Stubenrauch: Wir überlegen immer, welche Auswirkungen die Gestaltung eines Gartens hat – auf die Umwelt, auf den Menschen, natürlich auch auf das Budget. Die Gestaltung eines nachhaltigen Gartens ist immer ein Abwägungsprozess: Denn wir planen nicht nur mit der Natur, sondern auch mit den Menschen. Immer mehr Menschen verfolgen die Idee eines nachhaltigen, natürlichen Gartens sehr konsequent. Andere tasten sich an das Konzept erst heran, wollen Akzente setzen. Wir beraten sie, berücksichtigen Vorlieben, zeigen, was möglich ist. Es muss, ganz sicher, nicht immer eine Maximallösung sein.

Die meisten Menschen verbinden mit dem Naturgarten eine gewisse Wildheit, vielleicht sogar ein wenig Chaos. Ist das so?

Tobias Kelm: Ja und nein. Der Naturgarten ist durch die Art und den Charakter der Bepflanzung in der Tat oft wilder als der klassische Garten. Ein Naturgarten kann aber auch einen formalen Charakter erhalten: Strukturen und Ordnung schaffen wir ja durch Terrassen, Wege oder Zäune. Auch die Bauchtechnik betrachten wir unter nachhaltigen Gesichtspunkten: Bei uns zählt die „Enkelfähigkeit“. Wir wollen nicht für die nächsten zehn Jahre bauen, sondern möglichst für ganze Generation. Das betrifft sowohl das Design als auch die Materialien selbst.

Das heißt: Im nachhaltigen Garten wird nur Naturstein
verbaut …

Tobias Kelm: Das ist, wie alles, eine Frage der Abwägung. Naturstein ist toll, weil er haltbar ist, gut altert und eine schöne Patina entwickelt. Aber Naturstein hat einen Kostenaspekt. Wir bauen moderne Terrassen daher auch mit heute vielfach nachgefragten Großformatplatten aus Beton. Die von uns ausgewählten Hersteller (leider noch nicht alle) produzieren dank Recycling auch mit gar nicht mal so schlechter Ökobilanz. Es gibt heute auch Platten, die dem Naturstein von der Optik her sehr ähnlich sind. Je nach Projekt lässt sich auch mit altem, bereits vorhandenem Material etwas Ästhetisches, Neues bauen.

Zurück zur Bepflanzung: Was ist das Besondere am nachhaltigen Garten?

Philip Stubenrauch: Bei der Bepflanzung in einem Naturgarten legen wir Wert auf einheimische Gehölze, Stauden und Blumen. Die Blütenpracht ist mitunter zurückhaltender als im klassischen Garten, die Fernwirkung geringer. Durch viele kleinere Blüten ergibt sich ein anderes Bild. Die Natur wird weniger gezähmt oder als Dienstleister gesehen – sie bewegt sich in ihrem eigenen Modus. Ein Garten ist für mich Dynamik: Wenn eine Pflanze an einem Standort nicht funktioniert,
taucht sie durch Aussaat vielleicht an einem anderen umso schöner wieder auf.

Ein wichtiger Aspekt neben der Flora ist auch die Fauna …

Philip Stubenrauch: Ein Naturgarten ist immer auch ein Lebensraum. Dabei geht es nicht nur um die Pflanzen, sondern auch um die Tiere. Die bekannte Naturgartenexpertin Ulrike Aufderheide hat den Begriff „Tiere pflanzen“ geprägt. Das ist auch unser Anspruch: Pflanzen auszusuchen, die Tiere anziehen. Wenn wir einen Garten planen und realisieren, dann wollen wir immer das Gefühl haben, dass wir die Welt damit zumindest ein kleines bisschen besser machen – und es ist schön zu sehen, dass das auch immer mehr Gartenbesitzerinnen und -besitzer umtreibt.

Die Bewässerung von Gärten ist ein großes Thema. Welchen Weg geht „cum natura“?

Tobias Kelm: Wasser ist eine endliche Ressource. Das wissen wir ja spätestens seit den Dürresommern der letzten Jahre aus eigener Erfahrung. Deshalb müssen wir sparsam damit umgehen. Nachhaltige Gartenkonzepte beziehen deshalb oft auch den Bau von Zisternen ein, in denen Regenwasser gesammelt wird. Damit das Wasser überall im Garten verfügbar ist und man nicht einen schweren 50-Meter-Schlauch durch den Garten ziehen muss, können dezentral Entnahmestellen eingerichtet werden. Dort lässt sich dann ein kurzer Gartenschlauch
anschließen. Von Hand kann man dann gezielt wässern, wenn nötig. Automatisierte Bewässerungssysteme lehnen wir ab, das sorgt nur für mehr Distanz zur Pflanze.

Philip Stubenrauch: Grundsätzlich ist ein nachhaltiger Garten eher ein pflegearmer Garten, in den man nicht ständig eingreifen muss, sondern dem man dabei zuschauen kann, wie er sich entwickelt. Die gewünschte Vielfalt im Garten erhöht dann auch seine Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit.

Über „cum natura“

Die ‚cum natura GmbH‘ ist ein Garten- und Landschaftsbau-Start-up, gegründet im Januar 2022. Die beiden jungen Inhaber sind auf Umwegen zur Berufung gekommen. Philip Stubenrauch hat Geographie studiert und konnte sich nicht vorstellen, – wie viele seiner Kommilitonen – in einer großen Firma oder mit viel Bürokratie zu arbeiten: „Ich brauche einfach meinen Freiraum. Tobias Kelm ging es ähnlich: Der gelernte Veranstaltungstechniker arbeitete oft Tage und Wochen in Studios und Hallen. Einen Tag nach einem Event ging alles von vorne los: „Das war mir einfach nachhaltig genug – zumal ich auch ein echter Draußen-Mensch bin“ Unabhängig voneinander entschieden sie sich für eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner und lernten sich in
der Berufsschule kennen. Über einige Jahre hinweg arbeiteten sie in unterschiedlichen Betrieben, aber stets gemeinsam im Nebengewerbe, bis sie die Erfahrungen gesammelt hatten, die zur gemeinsamen Firma führten. Während Tobias Kelm sich bei ‚cum natura‘ vor allem um den
baulichen Teil kümmert, ist Philip Stubenrauch hauptsächlich für die Bepflanzung zuständig. Er absolviert derzeit noch eine zweijährige Ausbildung des Naturgarten e. V. zum „Naturgartenprofi“.

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